Post aus Moskau

Frau mit Kind: Es ist zu schwierig, ich packe das nicht. Ich habe eine postnatale Depression, Schlafentzug, wanke vor mich hin. Ich träume nur von einem: einen ganz Tag lang alleine zu bleiben und mich auszuruhen. Ich habe mehrere Dammrisse, wurde ohne Narkose zusammengenäht, leide an Inkontinenz … Mein Mann hatte versprochen, die Hälfte der Verpflichtungen auf sich zu nehmen, jetzt muss ich ständig auf ihn einreden und kontrollieren, ob er überhaupt etwas macht. Er besteht auf Sex, ist sauer, wenn ich ihm sage, dass es noch zu früh für mich ist. Das Geld reicht nur fürs Allernötigste. Das hatte ich mir alles ganz anders vorgestellt.
Die Gesellschaft: Was hast du denn erwartet? Wo war dein Hirn geblieben? Der Kopf gehört auf die Schultern und die Beine auf den Boden! Im Internet wird doch alles ausführlich beschrieben! Wäre es so schwierig gewesen, dich vorher zu informieren? So etwas von verantwortungslos. Nur für sich bringt man ein Kind auf die Welt!
Frau ohne Kind: Ich habe das Internet durchsucht, um zu verstehen, wie sich mein Leben nach der Geburt verändern wird, Erfahrungsberichte von Müttern gelesen, Pros und Kontras abgewogen und eine Entscheidung getroffen: Ich werde keine Kinder auf die Welt bringen.
Die Gesellschaft: Was für eine Egoistin! Wofür hat dich die Natur denn mit Brust und Gebärmutter ausgestattet? Was stimmt nicht mit dir? Fehlt es dir an Selbstvertrauen? Hast du Komplexe? Wie lächerlich, du wirst unbedingt noch Kinder haben wollen! Warum bist du dir so sicher, dass alles schief laufen wird? Mit der Einstellung kannst du dich ja gleich ins Grab legen und den Deckel zuklappen. Du hast Angst vor dem Leben! Wir alle haben Kinder auf die Welt gebracht. Ein riesiges Glück ist das! Das Näschen, die Äuglein, ein wahres Wunder! Ja, schade, hübsch bist du ja schon, könntest deinen Liebsten wundervolle Kinder bescheren. Lieber lässt du die Menschheit aussterben!

Quelle: Facebook-Post der russischen Feministin Daria Chaban.
Posts wie dieser haben eine regelrechte Hetze gegen sie ausgelöst.
Übersetzung aus dem Russischen: Marina Skalova