Who cares

Es ist Sonntagmorgen, kurz vor acht. Ich drehe mich noch einmal im Bett um und denke, wie so oft, über einen neuen Text nach; es sind die Momente zwischen Wachen und Schlaf, in denen die Worte kommen. Aber dann schiebt sich plötzlich das Bild einer Waschmaschine dazwischen. Das Bild des Waschkellers, in dem sie steht. Gestern habe ich Wäsche gewaschen und sie dann vergessen, seitdem liegt sie in der Trommel, und sie wird weiter dort liegen, egal, wie viele Worte ich noch denke. Also stehe ich auf. Also gehe ich runter und kümmere mich darum, weil ich es nicht wieder vergessen will zwischen all den Dingen, die mir an einem Sonntagmorgen so durch den Kopf ziehen.

Who cares?

Schreiben. Wäsche. Sätze. Einkaufen. Worte. Putzen. I. hat auch diesen Samstag wieder Frühdienst, und auch diesmal wird sie später kommen, müde, erschöpft, der Kopf brummt. Ich mache ihr die Käsespätzle im Ofen warm, wir sitzen eine Weile zusammen am Tisch, eine goldene Novembersonne steht im Fenster, der Staubsauger liegt im Wohnzimmer, die Katze beschnuppert einen vollen Wäschekorb. Am Morgen, H. schläft noch, schreibe ich zwischen den Bissen ins Brötchen den Einkaufszettel, ich lasse sie fernsehen, während ich mich mit dem Rad auf den Weg zum Supermarkt mache. Ich schwitze, die Maske nimmt mir die Luft, in der Obst- und Gemüseabteilung werde ich ruhiger. An alles denken, alles im Blick haben, auch die kommende Woche. Was hat H. gerne auf ihrem Schulbrot? Was kann ich kochen? Auf der Rückfahrt weiß ich, dass ich etwas vergessen habe, weiß aber nicht, was es sein könnte.

Who cares?

Zuhause der Berg Wäsche im Bad, Schmutzränder im Waschbecken, Staubflusen unter dem Schreibtisch. Waschmaschine. Putzlappen. Staubsauger. In Pennsylvania zählen sie noch immer Stimmen aus. Ich trinke ein Glas Orangensaft. Bibi Blocksberg erweckt einen Dinosaurier zum Leben. Noch diese Folge, dann ist Schluss. Liebevolle Ermahnungen, es braucht ja Regeln, gemeinsame Regeln, etwas Orientierung. Ich packe Wäsche in die Maschine, ich bereite die Käsespätzle zu, muss nochmal los für einen Salat. CNN meldet weitere Stimmen aus Georgia für Biden. Ich bin müde, gereizt. H. hat kein Interesse an Wald und raschelnden Blättern, sie jagt ihre imaginären Pferde durch den Garten. Also knie ich im Bad über der Wanne und sprühe den Kalkentfernen auf die Armaturen, Klopapier haben wir noch ausreichend. Der Livestream des open mike startet. Ich schaffe es gerade noch, eine vorbeihuschende Textidee hastig in ein Notizbuch zu kritzeln. Biden wird von CNN zum Sieger erklärt. H. schlägt mich das dritte Mal in Mühle, vor meinen Augen zerfließt das Spielbrett. Die Wäsche, die ich längst vergessen habe, liegt seit vier Stunden in der Trommel.