Der dunkelbraune Holzboden schwingt und knarrt, als wir uns der freien Bank auf der Empore nähern. Schnell lassen wir uns nieder. Die Schwester zwischen den Eltern, ich außen, neben der Mutter. Wenn ich mich ein bisschen recke, kann ich gerade noch hinunter zum Altarraum schauen, wo gleich die Weihnachtsgeschichte verlesen wird. Meine beste Freundin sitzt mit ihrer Familie im gleichen Block und ich winke den zwei Jungs aus meiner Klasse zu, die gegenüber auf der anderen Empore sind. Wie schön unsere Kirche ist. Sie ist alt und eine der größten der Umgebung. Unten in der Mitte teilt ein breiter Gang den Block mit den seitlichen Bankreihen von dem hinteren Block, in dem die Reihen nach vorne gerichtet sind und wo wir nie sitzen. Dort, in der Lücke, steht der drei Meter hohe Weihnachtsbaum, geschmückt mit echten Kerzen, Strohsternen und roten Bändern. Auch der Papierstern mit seinen unzähligen gelb-weißen Spitzen, der von der gebogenen Decke hängt, ist der größte, den ich je gesehen habe. Unser Pastor besteigt in seinem langen Gewand die Kanzel. Wir sehen ihn von oben im Profil und seine volle Stimme erinnert mich an den Sprecher von Benjamin Blümchen. Wie es wohl ist, dort ganz alleine zu stehen und vor so vielen Menschen zu sprechen? – Nachdem ich mit der Gemeinde, begleitet von der Orgel und dem festlichen Bläserchor, „Vom Himmel hoch“ gesungen habe, denke ich an die Bescherung, die gleich zu Hause folgen wird, kann es kaum erwarten und möchte trotzdem am liebsten die Zeit anhalten.
Ein Beitrag aus der Reihe Alles war perfekt gewesen – Texte zu Weihnachten.