Hatte Deine Mutterschaft einen inhaltlichen Einfluss auf Dein Buch? Welchen?
Linn Penelope Micklitz: Als die Arbeit an meinem Buch beendet war, ist mein Kind wenige Monate alt gewesen. Ich schreibe eher aus der anderen Perspektive: der einer Tochter. Das Verhältnis der Kinder zu ihren Eltern ist Fokus im Text, den ich nicht mal bewusst anvisiert habe, er hat sich wie von selbst eingeschrieben.
Stehst Du wegen der vermehrter Schreibzeit oder nun kommender Lesungen in der Schuld anderer Familienmitglieder?
Linn Penelope Micklitz: Nein. Die Kinderbetreuung ist bei uns insofern keine Schuldfrage, als das wir von Anfang an wussten: Keine familiäre Unterstützung in Leipzig, wir müssen das zu zweit machen. Es gilt die 50-50 Regel. Wer plötzlich mehr zu tun hat, gibt rechtzeitig bescheid, dann wird umgeplant. Das betrifft uns als Selbstständige regelmäßig und ich finde es schön, dass wir einander so viel möglich machen.
Was hältst Du davon, das Entstehen eines Buches mit dem Heranwachsen eines Babys zu vergleichen und sein Erscheinen mit der Geburt? Ist dieser Vergleich für Dich stimmig?
Linn Penelope Micklitz: Nicht wirklich. Das ist mir vor allem kurz vor der Geburt bewusst geworden. Ich hatte während der Schwangerschaft zwei Mal richtig Panik, weil mich die Erkenntnis überwältigt hat, dass dieser Mensch aus mir heraus kommen muss. Dass es da kein Zurück gibt. Es ging mir da nicht um die Tatsache, dass ich das Muttersein als solches fürchtete, sondern um diesen rein körperlichen Aspekt des Ausgeliefertseins. Es gibt kein Zurück. Du wirst gebären müssen. Und zwar nicht dann, wenn du bereit bist, sondern wenn es eben losgeht. Ich kontrolliere viel, um mich nicht hilflos fühlen zu müssen. Diese Erkenntnis hat mich so hilflos gemacht, wie nichts zuvor. Bei einem Buch liegt die Entscheidung schlussendlich für alles bei dir, du kannst zumindest immer sagen: Ich mache einen Rückzieher.
Auf welches Stipendium hast Du Dich nicht beworben, weil Du Kinder hast?
Linn Penelope Micklitz: Auf so ziemlich alle, die mit einem Aufenthalt an anderen Orten einhergehen. Das kommt vielleicht wieder, wenn mein Kind drei wird dieses Jahr. Allerdings muss ich ehrlich zugeben, dass mein Kind mir auch eine willkommene Ausrede ist. Ich bin ein absoluter Gewohnheitsmensch und Alltagsliebhaberin. Zu verreisen und mich irgendwo einleben zu müssen, macht mir Angst. Also eher ein Vorsatz: Wenn der dritte Geburtstag durch ist, überwinde ich mich vielleicht mal.
Welche*n other writer würdest Du gern zufällig auf einem Spielplatz treffen und worüber würdest Du mit ihm*ihr sprechen?
Linn Penelope Micklitz: Mit Ricarda Kiel über all das Kluge, was in den Briefen an Bettina Wilpert steht.
Linn Penelope Micklitz‘ Debüt Abraum, schilfern erschien im Oktober 2022 im Verlag Trottoir Noir.