Same Work But Different: Anna Ospelt

Hatte Deine Mutterschaft einen inhaltlichen Einfluss auf Dein Buch?

Ja – in meinem Buch geht es um die Anfänge des Lebens und die gesellschaftliche Frage, was es heute bedeutet, Mutter zu sein. Beziehungsweise, was es bedeuten kann, aus meinem Blickwinkel als freischaffende Autorin. „Frühe Pflanzung“ nimmt die Leser:innen mit auf eine Reise durch die vier Jahreszeiten Frühling, Sommer, Herbst und Winter. Ich beschreibe die Natur um uns herum, von den Vögeln im Garten bis zu den sich verändernden Gesichtern der Berge. Zugleich reflektiert das Buch meine Erfahrungen eines Rollenwechsels, mit meinem Neugeborenen im Arm während dieses ersten Jahreszeitenkreises.

 

Hatte Deine Mutterschaft Einfluss auf die alltägliche Schreibarbeit?

Die Zeitfenster sind wesentlich kleiner. Entweder schreibe ich, wenn meine Tochter betreut ist, oder aber wenn sie schläft, ich schreibe nun gewissermaßen auf Zehenspitzen. Auch wenn ich mich oft nach mehr Zeit sehne, schreibe ich mehr und fokussierter, seit ich Mutter wurde, wohl weil die Kunst ein rares Gut wurde. Aber nur dank der geteilten Elternschaft mit meinem Partner und einem hilfsbereiten Umfeld, einem Eingebettetsein in diverse Privilegien, war ich in der Lage, zwei Jahre nach der Geburt meiner Tochter mein zweites Buch herauszubringen.

 

Was hast Du gerade gemacht, als das Paket mit den Belegen eintraf?

Tatsächlich war ich mit meiner Tochter auf dem Weg zum Spielplatz, als das Kuvert mit dem ersten Buch eintraf. Als sie vertieft im Sandkasten spielte, öffnete ich den Umschlag und betastete, betrachte mein Buch. Ein schöner, inniger Moment. Später sagte meine Tochter in Bezug auf das Buch: „Ich habe auch mitgemacht!“ – wie wahr!

 

Was hältst Du davon, das Entstehen eines Buches mit dem Heranwachsen eines Babys zu vergleichen und sein Erscheinen mit der Geburt? Ist dieser Vergleich für Dich stimmig?

Ich finde ihn oft etwas an den Haaren herbeigezogen: eine Buchvernissage macht wesentlich mehr Spaß als eine Geburt, und eine Lesereise ist wohl das Gegenteil einer Wochenbetterfahrung. Allerdings gibt es doch Parallen zwischen der Schwangerschaft und dem Schreiben: «Schließlich ist jeder, das heißt, jeder, der schreibt, daran interessiert, in sich selber zu leben, damit er sagen kann, was in ihm drinnen ist.» — Gertrude Stein

 

Welche*n other writer würdest Du gern zufällig auf einem Spielplatz treffen und worüber würdest Du mit ihm*ihr sprechen?

Vielen! Heute ganz besonders gerne Simone Scharbert, deren Arbeit ich sehr schätze und mit der ich mich während der Arbeit an meinem neuen Buch regelmäßig austauschen durfte – allerdings via Zoom aufgrund unserer weit voneinander entfernt liegenden Wohnorte.

 

Anna Ospelts zweites Buch „Frühe Pflanzung“ erschien im März 2023 im Limmat Verlag.