Mein Kind kommt von einem anderen Planeten. Es beschreibt ihn, seit es reden kann, in allen Einzelheiten. Dort leben auch, erklärt es, seine echten Eltern. Die Mutter heißt Sarah. Wie der Planet heißt, darf ich nicht sagen, auf diesen Namen hat mein Kind ein Copyright. Aber, dass man sich von Feuer ernährt dort, darf ich erwähnen. Das passt zu dem Kind.
Irgendwann hat es also entschieden, dass es die restliche Welt erkunden will. Es ist durch Teleportation in meinen Bauch gelangt, weil es von oben heruntergeguckt und seinen Papa und mich für seine terrestrischen Abenteuer ausgewählt hat.
In der Vorschule hat mein Kind monatelang vor anderen Leuten steif und fest behauptet, wir seien nicht seine wirklichen Eltern. Das hat sich zum Glück gegeben.
Ich wurde von meiner Mutter aufgeklärt und fand das alles ungeheuer spannend und cool. Ich bin meiner Mutter sehr dankbar, denn ich hatte ab diesem Zeitpunkt Vertrauen in meinen Körper und war immer froh, ein weibliches Wesen sein zu dürfen.
Mein Kind ist acht. Vor ein paar Jahren habe ich ihm in Kurzform erzählt, was es wissen muss, wenn es in der Schule um das Thema geht. Es hat bisher nicht nachgehakt, was das Mechanische betrifft, das Ganze ist ihm in dem Alter noch etwas suspekt. Fragen hat es zum Thema Babys, und verlobt war es auch schon dreimal. Ich muss ihm öfters die turbulente und gefährliche Geschichte seiner Geburt erzählen.
Mein Kind ärgert sich, dass es keine gleichaltrigen Geschwister hat und auch keine mehr bekommen wird. Irgendwann kam die Rede auf Verhütungsmittel und warum die wichtig sind. Mein Kind empörte sich! Mit bösem Blick blitzte es mich an. Medikamente nehmen, um Babys zu verhindern? Hütchen, die es, wenn es später mal soweit ist, an bestimmten Stellen aufsetzen soll, um nicht zu früh Papa zu werden? Bei den Krankheiten waren wir noch nicht. Verhütungstheorie findet mein Kind offensichtlich barbarisch. Ich glaube, es hatte in diesem Moment eine archaische Angst, dass ich vielleicht keine Kinder gewollt haben könnte.
Wir haben in den nächsten Jahren wohl noch ein paar Dutzend ernsthafte Gespräche vor uns. Wenn es will. Wenn es fragt.
Abends nehme ich es in den Arm und versichere ihm, dass es die tollste Überraschung ist, die mir je passiert ist. Auch wenn es irrsinnig anstrengend ist, das mit dem Kind, dem Beruf und dem Schreiben. Dass ich aber ohne es so viel weniger gelacht hätte. Lachen würde. Dass ich froh bin, dass es von seinem Feuerplaneten in meinen Bauch heruntergestiegen ist!