Same Work But Different: Ann Kathrin Ast

Hatte deine Mutterschaft einen inhaltlichen Einfluss auf dein Buch? 

Sehr! Nach der Geburt meines ersten Kinds habe ich mich buchstäblich sprachlos gefühlt, konnte auf Fragen wie „wie geht’s dir?“ selbst engen Freundinnen nichts antworten. Auf das Gedicht „Morning Song“ aus Sylvia Plath‘ „Ariel“ zu stoßen, hat ein bisschen geholfen. Wenige Tage nach der Geburt kamen beim Stillen dann die ersten Zeilen zu einem Langgedicht übers Gebären. Ich habe schnell gemerkt, dass ich jetzt sowieso über nichts anderes schreiben könnte, musste versuchen, das Gebären und die Veränderungen in der Wochenbettzeit in der Sprache zu bannen. Es war schön, dass mich die Arbeit an diesen Gedichten im Jahr nach der Geburt begleitet hat. Jetzt machen sie etwa den halben Gedichtband aus.

Stehst du wegen Schreibzeit oder Lesungen in der Schuld anderer Familienmitglieder?

Ja. Ein halbes Jahr nach der Geburt meines zweiten Kinds sind mein Debütroman und mein Debütgedichtband erschienen. Mein Baby war bei allen Lesungen dabei, in Berlin, Leipzig, Vorarlberg … Es ging nur, weil meine Eltern/Schwiegereltern als Babysitter mitgekommen sind. Für diese Unterstützung bin ich sehr dankbar. Im Alltag dagegen habe ich keine Entlastung, kann deshalb zurzeit fast gar nicht schreiben. Bei einem Kind ging das noch gut, bei zwei Kindern gibt es einfach zu wenig parallele Schlafphasen der Kinder, finde ich. Das heißt, ich warte jeden Tag sehnsüchtig auf den Anruf einer Tagesmutter oder Krippe, dass sie einen Platz für meinen Einjährigen haben.

Wenn dich vor der Kita ein anderes Elternteil fragt, worum es in deinem neuen Buch geht – wie würdest du es beschreiben?

Unter anderem um Geburt und Wochenbettzeit als Grenzerfahrung, die besondere Wahrnehmung und Zeitlosigkeit. Die Zweifel, die überwältigende Zartheit, die existenzielle Angst, die Suche (danach, wer dieses Kind ist und wer ich jetzt bin). Die Perspektiven von Mutter und Kind verschränken sich.
Der Text ist teils als Schnipsel wie bei einer Pinnwand über die Seite verteilt, das lässt mir und den Leuten, die es lesen, Freiräume.

Welches Stipendium würdest du auch mit Kind nicht ablehnen?

Eines, wo ich ein paarmal für einige Tage an einen anderen Ort komme für Eindrücke, Lesungen, Workshops, wo es keine dauerhafte Präsenzpflicht gibt und ich am besten die Kinder und einen Babysitter mitbringen darf, der dann auch da schläft. Präsenzpflicht finde ich nicht zeitgemäß, wo doch sonst gerade überall Homeoffice üblich ist …

Ann-Kathrin Asts Gedichtband vibrieren in dem wir erschien im Januar 2023 in der parasitenpresse.

confession

vertrauen darauf dass sich etwas verschiebt sich in zellen die körper bilden jeden tag verschiebendes zusammenlegt diesen körper zu bilden und dass zellen aus dem körper fallen und (vielleicht ich) neue körper bilden vertrauen darauf dass die zellen (dieses und außerhalb dieses körpers) wissen wo sie die stoffe finden dass und sie sich verschieben etwas bilden können dass sie aus teilchen (vielleicht ich) leerer als luft und licht bestehen vertrauen darauf dass (und wo)