Warum hast du dich auf das Hamburger Residenzstipendium „Parents in Arts“ beworben?
Sascha Preiß: Vor allem wollte ich, dass sich möglichst viele Eltern auf das Stipendium bewerben, damit man schon an der Bewerber*innenzahl sieht, wie wichtig ein altersunbeschränktes Stipendium explizit für Eltern ist, wie sehr das fehlt bzw. wie wenig Eltern im künstlerischen Betrieb mitgedacht und oft genug ausgeschlossen werden. Ich habe gar nicht so sehr an mich selbst gedacht. Zugleich betrifft es genau meine Situation: in Trennung lebend, zwei Kinder, die ich mehrheitlich betreue, eines mit Behinderung und Pflegegrad, da sind lange Abwesenheiten schlicht nicht möglich, abgesehen davon, dass sie finanziell nicht zu stemmen sind. Klar habe ich mich enorm gefreut, als ich einen Platz zugesprochen bekam, aber noch mehr habe ich mich für die Aufmerksamkeit und Sichtbarkeit des Programms selbst und der Idee dahinter gefreut – also Riesendank an die Initiatorinnen!
Wie war die Residenz für dich?
Sascha Preiß: Der Aufenthalt im südwestbrandenburgischen Fleming war Natur pur und unglaubliche Ruhe, fürs Schreiben und oft auch nur fürs Lesen. Eines Abends kam sogar eine Schleiereule an mein Fenster geflogen und schaute neugierig herein. Meine Mutter war für die Zeit bei den Kindern, da musste ich mir keine Gedanken machen. Und dann die offene Zeit ohne die festen Tagesrhythmen des Alltags, man schafft sich neue, aber kann diese wesentlich flexibler ausgestalten. Überhaupt: die Abwesenheit des Alltags, was den Gedanken Zeit und Raum gibt, sich kontinuierlich mit dem Text zu beschäftigen, mit einer Stelle, manchmal nur einer Formulierung. Diese Kontinuität des Arbeitens ist für mich das Entscheidende, was das Stipendium ermöglicht hat.
Woran hast du während der Residenz gearbeitet?
Sascha Preiß: An einem Roman über meinen verstorbenen Bruder.
Warum sind Stipendien dieser Art wichtig?
Sascha Preiß: Künstler*innen mit Kindern werden oft genug bei Aufenthaltsstipendien implizit, gelegentlich auch explizit ausgeschlossen. Das kann durch die Anwesenheitspflicht sein, das häufig genannte Besuchsverbot in Residenzen, die Länge von Residenzen (welche Eltern können ihre kleineren oder schulpflichtigen Kinder mal eben ein halbes Jahr allein lassen?) oder die oft schmale Vergütung, mit der eine zusätzliche Kinderbetreuung nicht möglich ist. Insbesondere für Alleinerziehende, mehrheitlich Frauen, sind solche Programme komplett unrealistisch. Was dazu führt, dass Eltern weniger künstlerisch arbeiten können oder nur mit besonderem Mehraufwand, dadurch weniger sichtbar sind. Vor allem für bildende Künstler*innen kann das eine abgebrochene Laufbahn bedeuten. Künstler*innen mit Kindern explizit anzusprechen und ihnen Freiräume zu geben, damit sie künstlerisch arbeiten können und von der Sorgearbeit einmal zurücktreten können, das fand bisher so gut wie gar nicht statt.
Sascha Preiß war 2024 Stipendiat des „Parents in Arts“-Stipendiums der Hamburger Behörde für Kultur und Medien.