Same Work But Different: Sebastian Schmidt

Welchen inhaltlichen Einfluss hatte deine Vaterschaft auf dein Buch?
Sebastian Schmidt: Ein großes Thema ist für mich der Umgang mit Vaterschaft auch während der Abwesenheit eines Teils meiner Kinder. Die beiden Älteren (sie sind 10 und 13) leben nur etwa ein Drittel des Jahres bei mir und meiner Partnerin und ihrer kleinen Schwester, die andere Zeit bei ihrer Mutter. Ich vermisse sie dann oft sehr. Es fällt mir immer schwer, das treffend zu beschreiben im Gespräch mit anderen oder als Text. Beim Schreiben von Gedichten ist das eher möglich, weil einige Grenzen standardisierter Kommunikation aufgehoben sind und alles einer anderen Logik folgt. Ich versuche auch in meinem Buch die Frage nach Vaterschaft mit unterschiedlichen Ausgangspositionen – zwei Kinder sind wechselnd anwesend, ein Kind wohnt dauerhaft hier – zu verhandeln. Aber auch die Geburt meiner Tochter habe ich versucht, mit Hilfe von lyrischem Text auszudrücken .

Hatte deine Vaterschaft auch Einfluss auf die alltägliche Schreibarbeit?
Sebastian Schmidt: Ein großer Teil des Buches ist morgens entstanden. Nach dem Aufstehen, wenn alle noch schlafen, habe ich oft Ideen. Chris Kraus schreibt in anderem Zusammenhang über Kathy Acker, der Morgen sei eine Zeit „that wouldn’t impinge on her writing and her morning dream-drift she channeled into her work“. Außerdem haben es die kurzen Texte zugelassen, sich meist ohne großes Einlesen an eine Bearbeitung zu setzen, wenn sich ein Zeitfenster aufgetan hat, eine halbe Stunde oder mehr.

Hast du das Erscheinen des Buches gefeiert?
Sebastian Schmidt: Wir waren am Tag der Veröffentlichung gerade alle über eine Magen-Darm-Infektion hinweg. Als ich zuvor die Info bekommen hatte, dass die Belegexemplare losgeschickt worden waren, ging es mir besonders schlecht, ich hatte die Nachricht tatsächlich vor dem Klo kniend gelesen. Bisher gab es nur eine familiäre Party zur Veröffentlichung, die sah so aus: Meine Partnerin hat mit unserer Tochter eine Girlande gebastelt, Zeug für einen super (alkoholfreien) Cocktail besorgt. Meine beiden Älteren waren da und wir saßen auf der Couch, die Kleine im Bett. Genau im Moment des Anstoßens erbrach sich die Kleine über das Babyphone zu uns herüber und meine Partnerin und ich rannten los, Kind trösten, Sachen frisch beziehen, Zeug auswaschen. Just another kind of party.

Stehst du wegen der vermehrter Schreibzeit oder nun kommender Lesungen in der Schuld anderer Familienmitglieder?
Sebastian Schmidt: Noch nicht, aber ich sehe es kommen im Hinblick auf ein paar Lesungen, die anstehen. Das ist gerade alles noch unklar.

Sebastian Schmidts Gedichtband so stelle ich mir den gesang von erst kürzlich mutierten finken vor erschien im April 2022 in der parasitenpresse.