Ich habe lange …

… keinen Blogbeitrag verfasst. Ich war nicht untätig. Ich habe versucht zu verstehen, was es bedeutet, einen zweiten Roman zu veröffentlichen. Ich habe am Anfang eines dritten Romans geschrieben, Figuren entwickelt, den Plot erweitert. Ich habe meine Tochter abgestillt und mein Sohn ist in den Kindergarten eingetreten. Ich habe für Geld gearbeitet, als Schriftdolmetscherin, als Mentorin, an Aufträgen. Wir sind verreist, mal zu viert, mal zu fünft, mal alleine: an den Bodensee, ins Saarland, ins Engadin, ins Rheintal; immer nur ganz kurz. Mein Schreibplatz hat sich verändert, und mein Atelier befindet sich nun im Dorf, in dem ich lebe. Immer mehr spielt sich im Dorf ab, in dem ich lebe. Das Beerenpflücken, die Brotjobs, das Küssen, das Schreiben. Manchmal vermisse ich die Stadt, dann fahre ich hin mit dem Zug, gehe durch die Strassen und bin mir nicht sicher, was ich dort suche. Einkaufsläden? Andere Leute? Etwas ganz und gar Neues? Etwas Altes? Noch mehr Fülle? Er ist nicht eintönig, mein Alltag, aber da sind viele Bedingungen. Der Kindergarten beginnt um 8.50 Uhr. Das Mittagessen sollte bereit sein, wenn mein Sohn nach Hause kommt, der Hunger ist dann gross. Meine Tochter will nicht immer mich, aber wenn ich da bin, möchte sie mich ungern aus den Augen verlieren. Dabei gehe ich doch so gerne schnell durch die Wohnung und mal kurz in den Garten hinter dem Haus und dann für einen Abstecher zum Apfelbaum vor dem Haus; nur einen klitzekleinen Moment alleine sein und meinem Tempo folgen! Die Bedingungen sind wie Pfähle, die mein Leben strukturieren.
Der neue Romantext dagegen ist eine Wolke. Er ist immer da, aber meist drängt er sich auf eine unscheinbare Art auf. Selten Regen, selten Schnee. Ich hebe oft den Kopf, manchmal in den dümmsten Momenten, dann will ich schreiben, aber meine Tochter liegt in meinen Armen oder im Kochtopf blubbert’s. Und in anderen Momenten sitze ich dann tatsächlich im Atelier, aber die Sonne scheint, die Wolke hat sich verzogen, und ich starre auf die Autogarage im Gebäude gegenüber, die knallorangen Türen und die Fensterscheiben, die das Licht reflektieren. Das ist also mein Zeitfenster: drei Stunden schreiben. Das ist kurz.
Aber hey, es geht mir gut. Der Vater schaut so oft zu den Kindern wie ich, und auch andere Menschen. Ich kann schreiben. Ich mache Geldarbeit, die mir meistens gefällt. Der Schweizer Staat hat mir sogar etwas Geld gegeben, weil meine Lesungen ausfielen. Und ich will sie ja, die Fülle, will das Schreiben und die Kinder und alles andere auch. Manchmal muss ich mich büscheln, so sagt man in der Schweiz. Mich ein wenig schütteln, Dinge fallenlassen, neu zusammensetzen. Mich wieder konzentrieren. Auf den neuen Roman. Auf die Kinder. Auf das Auch-Mal-Nichts-Tun.