Von Niemandem

Auf dem großen Spielplatz sind zwei etwa fünfjährige Mädchen auf der Nestschaukel. Ein ungefähr gleichaltriger Junge mit einem gut 2 Meter langem viel verzweigten Ast in der Hand steht vor der Schaukel und schlägt jedes Mal, wenn sie in seiner Richtung in die Höhe schwingt, auf den Rand der Schaukel. Ziemlich feste. Die Zweige ragen beim Schlag in die Schaukel hinein.
Eines der Mädchen sagt beim zweiten Schlag, er soll das lassen. Ich frage mich, wo die Eltern sind. Die von dem Mädchen und die von dem Jungen. Offensichtlich nicht präsent. Ich frage mich, ob ich einschreiten soll. Zögere kurz. Sage mir dann: Bei Erwachsenen würde ich ja auch etwas sagen in einer Situation, wo einer dem anderen wehtun könnte.
Also stehe ich von der Bank auf, mache ein paar Schritte auf drei zu und sage:
– Lässt du das das bitte mit dem Stock. Das ist gefährlich.
Der Junge hält inne. Sieht mich an. Unbeeindruckt.
– Du weißt gar nicht, wer ich bin, sagt er.
– Stimmt, sage ich.
– Dann kannst du mir auch nicht sagen, was ich tun soll.
– Doch, sage ich. Das kann ich. Weil das gefährlich, was du da tust.
Er sieht mich weiterhin an. Direkt in die Augen. Dann sagt er:
– Du bist nur ein Popo.
Die Mädchen lachen. Er lacht auch. Er hat aber aufgehört zu schlagen. Ich bleibe noch kurz stehen, dann setze ich mich wieder.
Das versuche ich meinen Kindern beizubringen. Keiner kann dir etwas sagen. Niemand außer Lehrern, Erziehern, Eltern von Freunden haben das Recht, dir etwas zu verbieten. Lass dich nicht beeindrucken von Fremden, die dich maßregeln wollen. Wenn die was zu sagen haben, sollen die zu mir kommen.
Vielleicht haben die Eltern des Jungen das besser vermittelt, als ich das bei meinen Kindern geschafft habe. Ich habe Respekt davor.
Aber natürlich gehe ich nächstes Mal wieder dazwischen.