Ich bin fünf oder sechs
es ist Abend und mir ist kalt
man hat mich zum Duschen geschickt
dein Vater kommt gleich
man, das ist Jocelyne
Jocelyne ist die Nachbarin
sie hat mich von der Schule abgeholt
sie hat mir den Platz auf dem Sofa zugewiesen
mit dem Hund mir zu Füßen
enge Überwachung
dann hat sie gesagt geh duschen
dein Vater kommt gleich.
Ich ziehe langsam den Schlafanzug an
langsam
die Ohren Richtung Tür gespitzt
es klopft
endlich bist du da, mein Riese
ja!
meine Stimme überschlägt sich
mein Gesicht bekommt Risse
dein breiter Daumen wischt meine Wangen ab
mit einer Hand hältst du mich aufrecht
während ich auf die Knie fallen möchte
nimmst du mich heim mir dir?
Papa nimmst du mich heim?
Papa
schlaf gut mein Kätzchen.
Erinnerst du dich Papa?
erinnerst du dich an jene Abende?
du gingst heim
allein
jedes Mal
verließt mich jedes Mal
mit nackten Füßen auf den kalten Fliesen
klebrig und feucht
zitternd im Schlafanzug.
Was blieb mir anderes übrig
einleuchtende
vorübergehende
Lösung
Mama am Krankenbett von
ich allein zu Haus
ging früh raus
kam spät zurück
wie hätte ich glauben
wie hätte ich wissen können?
Du hättest nur hinschauen müssen, Papa
nur hinschauen.
Ein Beitrag aus der Reihe Lieber Vater – Texte über ein prägendes Verhältnis. Übersetzung: Till Roeskens. Französisches Original