Brief an meinen Vater

Abend in einem Karton voller alter Kassetten
Kilometer von abgewickeltem Tonband
Störgeräusch und Märchen, habe ich deine Stimme gehört
Zufällig aus einer Aufnahme auftauchend.

Ich habe dich nicht erkannt.

Du hattest mir nicht gesagt dass du einen Akzent hast
wenn du sprachst, machte es dir Schwierigkeiten
den Unterschied zwischen den Lauten é und è und dass deine Stimme zögerte
im Moment als du die bedeckten Wörter des Französischen aussprachest.

Ich habe dich sofort erkannt.

Du hattest mir von den metallisierten Flügeldecken der Käfer erzählt
an den Rändern versunkener Pfade, den Fußabdrücke von Meerjungfrauen
ertrunken in Flusstiefen. Du hast mich nicht gewarnt
dass du mir als Geschenk die Last deiner Fremdheit hinterlassen würdest.

Ich war wütend auf dich.

Aber heute Abend, in den Lücken der Leerräume, die die é und è deiner Aufnahme lassen
habe ich die Unendlichkeit berührt. Meine Stimme, wie deine,
vibriert vor Ungewissheit, wenn ich Worte spreche, die mit Fremdheit bedeckt sind,
in denen sich dann unweigerlich die Laute ö und ä unsicher vermischen.

Habe ich mich selbst erkannt.

Ein Beitrag aus der Reihe Lieber Vater – Texte über ein prägendes Verhältnis. Übersetzung: Barbara Peveling. Französisches Original