Take Care: Dima Sehwail & Sara Ehsan (III)

Liebe Dima,

vor der Jugendsprache und ihren Auswirkungen auf die Literatur habe ich keine Angst. Sprache ist etwas Lebendiges und war schon immer in ständigem Veränderungs- und Anpassungsmodus, wie die Pflanzen, die sich auch an ihre Umgebung anpassen, das Organische an ihr liebe ich sehr. Es ist natürlich Geschmacksache, aber gerade Jugendliche brauchen Sprache als Abgrenzung zu den langweiligen deprimierenden Erwachsenen, die sie nicht werden wollen. Ich kann mich erinnern, dass ich als Jugendliche auch gerne für damalige Zeiten provokative Wörter wie „geil“ benutzt habe, es hatte etwas Anrüchig-Sexuelles, sodass man komisch angeschaut wurde, doch diese Bedeutungsebene ist im heutigen Verständnis völlig verschwunden.

 

Zu deinen verpassten Chancen, an Festivals teilzunehmen: Das ist wirklich traurig. Anders kann man es nicht sagen. Ebenso traurig finde ich es, dass es für nicht-deutschsprachige Autor*innen so schwierig ist, Anschluss an den Literaturbetrieb zu bekommen. Ich wünsche mir in dieser Hinsicht viel mehr Unterstützung und Solidarität unter Autor*innen. Sprache sollte dabei kein Hindernis sein.

Es gibt die Möglichkeit, mit Dolmetscher*innen Veranstaltungen zu organisieren. Hast du eine gute Freundin oder eine nette Oma aus der Nachbarschaft, bei der du die Kinder lassen könntest, oder dein Mann nimmt sich frei von der Arbeit und du kannst auch mal ohne Kinder zu einer Veranstaltung gehen oder daran teilnehmen?

Was wünschst du dir als Mutter am meisten momentan und was als Autorin? Hast du Ideen, wie sich deine Situation oder die Situation von nicht-deutschsprachigen-Autor*innen verbessern könnte?  Wir hatten ja schon mal eine gemeinsame digitale Lesung, vielleicht ergibt sich ja in der Zukunft etwas Neues MIT KINDERBETREUNGSANGEBOT und IN PRÄSENZ.

Herzliche Grüße

Sara Ehsan

 

Liebe Sara,

glaubst du mir, dass ich meine Zeit nicht einteilen kann? Es gibt keine Zeit für Zeit, wie der Dichter, Mahmoud Darwish, sagte. Trotzdem bin ich zufrieden. Ich habe vor Jahren eine Bäckereiverkäuferin aus Polen kennengelernt, sie war sehr nett und freundlich. Sie gab mir den Rat, immer so viel Zeit wie möglich in die Kinder zu investieren. Wenn sie zwölf sind, kann man Zeit für sich selbst finden, aber nicht vorher. Sie erzählte mir nur von ihrer Erfahrung, aber ich war irgendwie überzeugt von dem, was sie sagte.

Ich entwickle mein Schreiben durch Online-Workshops weiter und ich finde es praktisch und suche immer nach Werkstätten für Einwanderer. Es gibt immer eine schöne und globale Mischung, das mag ich. Schön wäre auch ein literarischer Salon für nicht-deutschsprachige Autor*innen, um jede Woche oder jeden Monat online Texte auszutauschen. Das ist ein Wunsch, das Schreiben voranzubringen, oder so eine Schreibwerkstatt, „Schreiben ohne Grenzen“, was du mal gemacht hast.

Die digitale Kommunikation war einer der wenigen Vorteile der Pandemie. Sie ist ein guter Weg, um zu kommunizieren. Es gibt viele Frauen, die nicht nur den Titel Mutter tragen, sondern auch den Titel Künstlerin.

Mit freundlichen Grüßen

Dima Sehwail

Übersetzung aus dem Arabischen: Sara Ehsan und Sibylla Vričić Hausmann mit Unterstützung von Google Translate.