Same Work But Different: Silke Sutcliffe

Hatte deine Mutterschaft einen inhaltlichen Einfluss auf dein Buch? Welchen?

Silke Sutcliffe: Die Mutter der jugendlichen Protagonistin, die selbst künstlerisch tätig ist, hat ihre Familie aufgrund einer Depression und der Überforderung, die Care-Arbeit für sie bedeutet, verlassen. Diese Abgründe auszuloten, wäre mir ohne die Erfahrung, für Kinder zu sorgen, nicht möglich gewesen. Die Hauptfigur will mit 16 zwar nicht mehr „umsorgt“ werden, braucht aber dennoch Bezugspersonen und Halt, die bzw. den sie auch findet. Das war mir wichtig – alternative Lebensentwürfe zur heilen Normfamilie aufzuzeigen.

 

Wenn dich vor der Kita/ vor der Schule ein anderes Elternteil fragt, worum es in deinem neuen Buch geht – wie würdest du es beschreiben?

Silke Sutcliffe: Im meinem Debüt geht es um die enge Freundschaft zwischen zwei Mädchen, die an der Beziehung zu ihrem neuen Mitschüler zu zerbrechen droht: Denn er leidet an einer psychischen Erkrankung, die im Verlauf des Romans zunehmend Thema wird. Im Zentrum stehen also eine Coming-of-age-story, aber auch die Schwierigkeiten, mit denen Angehörige von Menschen mit psychischen Erkrankungen konfrontiert werden. Mental-Health-Themen werden im Jugendbuch meiner Meinung nach noch immer noch zu wenig thematisiert. Aber nur wenn wir offen darüber sprechen, können wir zu einem Verständnis der Situation jenseits von Verletzungen oder Schuldzuweisungen gelangen.

 

Hatte deine Mutterschaft Einfluss auf die alltägliche Schreibarbeit?

Silke Sutcliffe: Ja! Während ich mich früher oft in Texten verloren habe (was schön sein kann!), bin ich nun gezwungen, meine Zeit besser einzuteilen. Auch wenn zwischen Kindergeburtstagen, Sportterminen, Hausaufgabenbetreuung, Kochen, Trösten, Kuscheln (und meinem Job als Lehrerin) immer zu wenig Zeit bleibt, arbeite ich paradoxerweise effektiver.

 

Was hältst du davon, das Entstehen eines Buches mit dem Heranwachsen eines Babys zu vergleichen und sein Erscheinen mit der Geburt? Ist dieser Vergleich für dich stimmig?

Silke Sutcliffe: Jein. Ich bin froh, dass eine Schwangerschaft nicht drei Jahre dauert – und mein Kind konnte ich weder vor noch nach der Geburt weglegen oder in Bezug auf sein innerstes Wesen beeinflussen. Dennoch gibt es Gemeinsamkeiten: Die Ängste, die ein Leben mit veränderten Parametern nach der Geburt bzw. Veröffentlichung beinhaltet, die Ambivalenz der Gefühle, die den Prozess begleiten, die Liebe zum eigenen Text.

 

Welches Stipendium würdest du auch mit Kind nicht ablehnen?

Silke Sutcliffe: Aufenthaltsstipendien mit Präsenzpflicht kommen für mich nicht infrage, da ich durch meine Kinder und meine Arbeit als Lehrerin räumlich und zeitlich gebunden bin. Die hiermit einhergehende fehlende Sichtbarkeit ist ein Problem. Ich wünsche mir flexible Stipendien ohne Präsenzpflicht, die sich z.B. in mehrere Aufenthalte am Wochenende und in den Schulferien aufspalten lassen – gerade im Bereich der Kinder- und Jugendliteratur.

 

Silke Sutcliffe Jugendroman Ein Sommer, drei Monde erschien im September 2024 im Verlag Monika Fuchs.