Wie ein Fanatiker beharrte ich auf der Form, wenn es um Gedichte ging. Wie ein griesgrämiger Nörgler bemängelte ich, wenn es um Gedichte ging, immer und immer wieder: Aber das hat doch keine Form. Wie ein Besessener suchte ich nach einer Form, mit der ich leben könnte …
die ganze zeit schon habe ich ein leben aus tausend momenten |
gelernt hab ich die längste zeit nichts als dieses konforme leben |
können wir leben du wie ich und ich wie du können wir leben |
(Fabian Schwitter, nicht ganz hundert / fünfzeiler)
Irgendwann, aber ich kann den Zeitpunkt doch ungefähr bestimmen (es war 2013), begann ich, diese fünfzeiler zu schreiben. Vielleicht erscheinen sie mickrig – ein bisschen kümmerlich vor dem Hintergrund dieser hochtrabenden Diskussion um die Form in Gedichten. Bestimmt erscheinen sie mickrig, auch wenn oder vielleicht gerade weil ich mit ihnen nichts Geringeres als die Rettung der Welt verbinde. Naja, wenigstens meine eigene … Sie sind in ihrer Klonhaftigkeit, wie ein Schwarm oder eine Bakterienkultur, vielfältig, so vielfältig und facettenreich, nur leicht nuanciert voneinander abweichend, dass ich mich gar nicht entscheiden kann, welcher mir hier als Beispiel genügt. Und eines Tages schrieb ich dann in meine Notizen:
Das meine ich mit Lebensform. Das ist meine Lebensform. – Ich sitze in der Strassenbahn, lese ein wenig und notiere kurz drei [Hervorhebung F.S.] Fünfzeiler, während mein Sohn schläft. Ich brauche dabei kaum nachzudenken und kann die knappe Zeit locker und erfüllend nutzen. Ich denke so, ich bin so – ich arbeite. (27.07.2019, aus den Notizen)
Form reflektiert den Rahmen (Unity of Type) meiner Bedingungen (Conditions of Existence) und ich lebe in der Form meiner Rahmenbedingungen. Seit 2015 gehört in diesen Rahmen auch ein Kind ist Teil der Bedingungen:
die ganze zeit schon bist du mein kind bin ich doch die ganze zeit schon |
sage ich gehörst du mir mein kind bist du ein mensch unter vielen |
ein leben lang sind du und ich kind und kinder werden wir zum glück |