Take Care: Dima Sehwail & Sara Ehsan (II)

Liebe Dima,

du sprichst viele schöne Dinge an wie die Muttersprache, die arabische Musik. Ich habe schon immer Musik aus der ganzen Welt gehört und liebe die traditionelle iranische Musik und glaube, dass meiner Tochter weitergegeben zu haben, obwohl sie die klassisch-europäische Musik lieber hört. Sie findet die Art des Gesangs bei uns lustig und befremdlich, wie ich auch als Kind. Ich hoffe, du wirst weiterhin arabische Musik hören, mit oder ohne Kinder, und ihnen auch arabische Geschichten vorlesen. Sie werden es dir vielleicht danken und es zu schätzen wissen, wenn sie groß sind.

 

Als Autorin und Mutter war es mir ein Anliegen, dass meine Tochter Farsi lernt. Sie kann es jetzt auch lesen und schreiben und es gibt ein lustiges persisches Buch, das so heißen könnte: „Die Geschichten von Maschdi Galin Khanum“. Das sind 110 volkstümliche Geschichten, die zum Teil sehr skurril und lustig sind. Wir lachen dabei meist ziemlich viel und sie versteht viele Wörter nicht, die ich ihr dann erklären muss. Und sie hat ja ihre Oma, die mit ihr den Deal geschlossen hat, nur Farsi zu sprechen, und das hilft, da gibt es kein Entrinnen. Als Eltern können wir nur wie ein Gärtner Samen säen und schauen, ob der Garten es annimmt und zur Frucht bringen wird oder nicht. InshAllah.

Kinder zwischen drei und neun Jahren sind unglaublich offen und einfallsreich, was ihre Fragen und Antworten angeht. Ja, manches von meiner Tochter ist schon in eine Geschichte von mir eingeflossen. Grundsätzlich finde ich, dass es viel einfacher ist zu schreiben und ich viel mehr Energie und Zeit habe, seitdem ich alleinerziehend bin. In der Ehe habe ich mich oft blockiert, uninspiriert und müde gefühlt, ich konnte nicht nach meinem Rhythmus schreiben. Aber jetzt schreibe ich immer, egal in welchem Zustand, und finde immer Kraft und Ideen, die ich verfolge, egal unter welchen Umständen. Jetzt schreibe ich sogar, wenn die Freundinnen von meiner Tochter hier laut herumspringen. Dann verziehe ich mich auf den Balkon oder in mein Schlafzimmer, und wenn sie reinstürmen und ich gerade beim Schreiben eines Satzes oder Verses bin, bitte ich sie eine Minute zu warten. Das machen sie auch glücklicherweise. Schwierig wird es immer, wenn es um Aufenthaltsstipendien und Festivals geht im Ausland, dann ist es als Alleinerziehende wirklich schwierig, eine Lösung zu finden, die auch für das Kind stimmig ist. Sie mitzunehmen auf ein Festival, wäre zum Beispiel viel zu anstrengend für uns beide, es gibt nie ein „Programm“ für die Kinder der Autor*innen und die Kosten müssen immer selbst getragen werden. Es sei angeblich „nicht förderbar“ bzw. „not eligible costs“. Das finde ich absurd und da brauchen wir in der gesamten Kulturbranche ein Umdenken. Es kann nicht sein, dass Künstler*innen ihr gesamtes Honorar für die Unterbringungs- und Betreuungskosten des Kindes aufwenden müssen, nur weil sie zu einer Lesung oder einen Stipendienaufenthalt gehen.

Welche Erfahrungen in dieser Hinsicht hattest du bisher? Du lebst ja erst seit einigen Jahren in Deutschland. Was hast du bisher mit deinen Kindern bei Lesungen gemacht im In- oder Ausland, früher oder jetzt?

Liebe Grüße

Sara Ehsan

 

Liebe Sara,

„alles Gucci?“ Das bedeutet: Alles klar bei dir? 100% Jugendsprache. 😎 Ich habe gestern ein interessantes Buch in der Buchhandlung gefunden und mir gekauft. Das Buch zum Jugendwort des Jahres, über die Sprache der Jugendlichen. Hast du einmal in der Straßen- oder U-Bahn oder bei den Freundinnen deiner Tochter zugehört? Ich höre oft das Wort „Digga“. Es gibt eine spezielle Sprache, die von jungen Leuten gesprochen wird, ich finde es gefährlich für die Literatursprache, was denkst du darüber?
Zurück zu deiner Frage. Als Autorin habe ich bisher nicht an kulturellen Aktivitäten hier teilgenommen. Alle meine Kontakte sind zu arabischen Verlagen, besonders in Palästina. Trotzdem habe ich versucht, für arabische Kinder in einem Kindergarten zu lesen. Es war sehr schön, aber ich musste immer meine kleine Tochter mitnehmen. Das war stressig für mich.
Zu meiner Teilnahme an Festivals im Ausland: Ich habe leider zwei Chancen verpasst. Die erste war in Korea und ich wollte mit 22 Autor*innen aus der ganzen Welt teilnehmen, aber meine Tochter war erst 8 Monate alt. Die zweite Chance war in Großbritannien. Ich hätte Gedichte lesen sollen, die ich geschrieben hatte, aber ich hatte zwei Kinder und es gab keine Betreuung für die Kinder. Dies sollte nicht vom Autor organisiert werden müssen, sondern von den Organisatoren. Meine kulturellen Aktivitäten hier sind die, an denen ich mit meinen Kindern teilnehme, wie Kino und Puppentheater, und die beste Chance, die ich hier bekommen habe, war ein Workshop, an dem ich mit meiner kleinen Tochter teilgenommen habe, als sie im Kindergarten war. Es sollte eine komische Oper über die gefährlichen Abenteuer im magischen Reich des Zauberers von Oz entstehen. Wir haben die Rollen nachgespielt und am Ende zwei Tickets gewonnen. Wir sahen uns diese zauberhafte Inszenierung an und es war das erste Mal, dass ich eine echte Oper für Kinder sah. Ich werde diese Schönheit nie vergessen. Ich warte immer noch auf eine Chance, hier in Deutschland meine Kreativität fortzusetzen, weitere Workshops mit Schriftsteller*innen usw.

Liebe Grüße

Dima Sehwail

Übersetzung aus dem Arabischen: Sara Ehsan und Sibylla Vričić Hausmann mit Unterstützung von Google Translate.