Ja, wunderbar, aber …

… das hatten wir doch jüngst erst im Programm“, schreibt der Redakteur einer großen deutschen Wochenzeitung als Antwort auf meine Texteinreichung zum Thema Mutterschaft und Schreiben. Natürlich recherchiere ich sofort. Tatsächlich: Vor vier Monaten schrieb eine befreundete Autorin in derselben Online-Plattform eindrucksvoll über ihr Leben mit Kind, vor, während und nach der Geburt. Vor vier Monaten … Sie wählte für ihren Text eine andere Herangehensweise. Es ging um etwas völlig anderes. Natürlich, in beiden Texten werden schreibend etablierte Mütter- und Autorinnenbilder untersucht, doch unsere Anliegen, unsere Schlüsse sind grundverschieden. Besonders lustig wurde es, als mir besagte Autorin erzählte, dass auch ihr Text zuvor von anderer Stelle mit demselben Argument abgelehnt wurde.

Wie oft darf man den Themenkomplex Mutterschaft und Schreiben mit großer Sichtbarkeit verhandeln? Einmal im Jahr? Oder lieber zweimal? Wie viel Rampenlicht verdienen schreibende Eltern? Ab wann ist es dann doch zu viel? Und ist es vermessen, Raum für viele verschiedene Stimmen einzufordern? Sind die Lebens- & Arbeitsbedingungen von Autor_innen mit Kindern wirklich ein Nischenthema? Stehen sie nicht viel eher als pars pro toto für gesamtgesellschaftliche Unwuchten?

„The single story creates stereotypes, and the problem with stereotypes is not that they are untrue, but that they are incomplete. They make one story become the only story“, beschreibt die Autorin Chimamanda Ngozi Adichie die Gefahr einer einzigen Geschichte in einem viel gelobten TED-Talk über „das Afrikabild“ vieler Menschen im globalen Norden. Wir alle sind verschieden. Auch Autor_innen, Mütter, Väter, Kinderlose. Das Bestehen auf diversen Perspektiven ist meiner Meinung nach keine Überempfindlichkeit, sondern ein Akt der Solidarität und Gelingbedingung für eine Gesellschaft, in der jede_r ohne Angst anders sein kann.