Papa

Du hast es nicht zu sagen gelernt. Du kannst es nicht zeigen. Dein Vaterherz ist eine Schnitzeljagd. Keine große Empfangshalle. Niemand an der Gefühlsrezeption, um den richtigen Schlüssel auszuhändigen. Da galt es die Hintertürchen zu finden, die Spuren zu lesen, den Geheimgängen zu folgen, rauf und runter zu sausen im Paternoster. Ich dreh mich im Kreis, stelle die gleichen Frage, bekomme die gleichen Antworten. Der Vater und seine Tochter, die Älteste und ihr Alter, ein unmögliches Paar, ein Fantasie-Duo.
Angeblich wollte ich dich unbedingt heiraten. Laut Mama hatte ich einen ausgeprägten Ödipuskomplex. Du hast nichts davon erwähnt. Hast du es vergessen?
Erinnerungsblitze an diese Wut über alles, was unserer Annäherung im Wege stand, unsere Einsamkeit zu zweit. Die Abwesenheit war deine Vertretung. Und wenn du kamst, vergaßt du die Worte. Ich habe immer noch nicht das Rätsel dieses Schweigens gelöst. Die Wut ist verraucht. Die Liebe ist geblieben.

Ein Beitrag aus der Reihe Lieber Vater – Texte über ein prägendes Verhältnis. Übersetzung: Till Roeskens. Französisches Original