Same Work But Different: Sara Ehsan

Hast du das Erscheinen des Buches gefeiert?
Zuerst teilte ich es meiner Tochter mit. Sie meinte, sie hätte gerade keine Zeit und müsse noch Hausaufgaben machen. Dann habe ich meiner besten Freundin den Link zum Buch geschickt, sie schrieb, wir feiern es in Wien nach – das heißt im April. Es ist schwer alleine zu feiern. Der Co-Autor, Alexander Carberry aus Großbritannien, rief an und wir stießen in Gedanken darauf an. Ich will es noch richtig feiern, aber mit wirklichen Menschen, nicht virtuell oder per Telefon.

Gibst du das Buch deinen Kindern oder deinen Eltern zu lesen?
Ich dränge mich nicht gerne in die Lesevorlieben meines Kindes, meine Mutter liest so gut wie nie, vor allem nicht auf Deutsch, und mein Vater, der ein Vielleser war und mit weit über 80 Jahren eine Urkunde der Stadtbibliothek von Karaj/Iran bekam, als Bester Leser des Jahres, ist leider schon verstorben. Er hätte es sicher lesen wollen. Auch bei meinem ersten Gedichtband (2011) hat er mich bei jedem Telefonat gebeten, etwas für ihn zu übersetzen. Leider tat ich es nie. Meine Gedichte sind keine leichte Kost und nicht unbedingt für Kinder geeignet, für Jugendliche sicherlich schon. Aber sie stehen im Regal und meine Tochter hat auch schon mal reingeschaut und über einige Gedichte gelacht. Es hat sie angeregt, selbst zu schreiben. Natürlich schreibt sie viel besser als ich.

Was hältst du davon, das Entstehen eines Buches mit dem Heranwachsen eines Babys zu vergleichen und sein Erscheinen mit der Geburt? Ist dieser Vergleich für dich stimmig?
Nicht ganz, die Geburt fängt an, sobald der kreative Prozess in Gang gesetzt wird. Das Schreiben ist eine sehr intensive, widersprüchliche Tätigkeit. Die Buchstaben, Gedanken, Gefühle versammeln sich zu einem Konglomerat an Bedeutungen, erst danach reift der Text im Besprechen, Redigieren, Absprache mit dem Lektorat. Dazu entlässt man nicht selbst das Kind in die Welt, sondern der Verlag, der eher wie die Großeltern hinter uns und dem Kind steht und mit seinem Segen und seiner finanziellen Unterstützung das Kind auf die Reise schickt.

Auf welches Stipendium hast du dich nicht beworben, weil du ein Kind hast?
Auf etliche, vor allem Aufenthaltsstipendien. Ich liebe es, zu reisen und an fremden Orten unterwegs zu sein. Das bleibt momentan ferner Traum.

Von welchem*r Autor*in würdest du gerne einen Beitrag auf other-writers.de lesen?
Ich würde gerne mehr über Autor*innen erfahren, die in ihren Heimatländern oder international bekannt sind und in Deutschland leben, aber in der deutschsprachigen Literaturszene noch nicht entdeckt wurden. Sie schreiben nicht auf Deutsch und ihre Texte werden kaum ins Deutsche übersetzt. Es gibt da beispielsweise die palästinensische Kinder- und Jugendbuchautorin Dima Sehwail, den kurdischen Lyriker Autor Hussein Habasch oder die afghanische Lyrikerin Benafsha Bihishty Rahmani. Es ist sehr wichtig, unsere Erfahrungen mit dem deutschsprachigen Literaturbetrieb weiterzugeben an Autor*innen, die neu hier sind. Kollegialität ist essenziell, dafür gibt es für mich keine Sprachgrenzen.

Der Gedichtband Un-Liebesgedichte & Un-Love Poems. Eine Korrespondenz (gemeinsam mit Alexander Carberry) erschien im Februar 2022 in der Edition Delta.