Liebe Dima,
ich schreibe dir während der Zeit, in der meine Tochter in der Schule ist. Vormittags ist neben abends, nachdem sie ins Bett geht, meine Hauptarbeitszeit. Manchmal kann ich mich auch während ihrer Hausaufgaben an den Schreibtisch setzen. Ich empfinde oft die Zeit, in der ich kochen und putzen muss, als Vergeudung. Das finde ich schade, denn ich würde gerne z.B. „lustvoller“ kochen und nicht nur, um satt zu werden, aber ich muss ständig an meinen Schreibtisch denken.
Seitdem ich nicht mehr im Angestelltenverhältnis arbeite, das ist schon seit einem Jahr, ist das Schreiben meine Hauptaktivität. Der Wunsch nach diesem Leben war immer da, aber nicht die Möglichkeit, die Zeit, die Kraft dazu. Ich bewerbe mich aber auch weiterhin für eine Stelle, denn ich will finanziell unabhängig sein. Ich merke, wie ich jetzt viel entspannter und resilienter gegenüber all den schwierigen Zeiten in meinem Leben bin. Ich wäre der glücklichste Mensch, wenn es meiner Tochter dabei auch gut gehen würde.
Manchmal frage ich mich, was sie wohl über mich denkt, was sie vermisst, welche Aufmerksamkeiten ich ihr vielleicht verwehre, aber dann denke ich mir, was für ein Geschenk das für sie ist, eine Mutter, die nicht jeden Tag müde und genervt von der Arbeit um fünf nach Hause kommt, eine die immer Zuhause ist, das Essen steht immer warm auf dem Tisch, außer sie geht zu Lesungen oder Stipendienaufenthalten, bei denen sie bald mitkommen darf, die ihren Beruf liebt und schwer dafür arbeitet. Das Schreiben bringt soviel Organisation und Planung mit sich, Berge von Anträgen, und Absagen und ab und zu das Glück, doch eine Zusage zu bekommen.
Wie geht es dir als Autorin und Mutter, und wie als Autorin mit Kindern in Deutschland? Du schreibst hauptsächlich Kinder- und Jugendbücher, aber auch Gedichte auf Arabisch. Was sagen deine Kinder dazu? Haben deine Bücher etwas mit deiner Rolle als Mutter zu tun, gibt es auch eine Autorin als Figur?
Herzliche Grüße
Sara Ehsan
Liebe Sara,
ich bin auch so eine Mutter, die als professionelle Diebin die Zeit stiehlt, während die Kinder in der Schule sind. Ich bin jetzt frei und kann einfach Emails schreiben, Kaffee trinken, Musik hören, am liebsten arabische Musik. Meine Töchter mögen keine arabische Musik. Sie haben nicht den gleichen Geschmack wie ich. Machst du dir Gedanken, ob deine Tochter persische Musik mag? Machst du dir darüber Sorgen? Ich glaube, Musik ist ein Tor zur Kultur, und ich finde die orientalische Kultur sehr tief und hoffe, sie können sie durch die Musik kennenlernen.
Zurück zu deiner Frage: Wie geht es dir als Autorin und Mutter? Als Mutter und Autorin hilft mir sehr zum Beispiel, wenn meine Kleine jeden Tag fragt, wenn es Zeit fürs Bett ist: „Erzählst du mir etwas aus deinem Kopf, du bist doch Autorin, oder?“ Das mache ich dann und freue mich, dass meine Tochter mich in meiner Rolle bestätigt, wenn ich nicht gerade kaputt bin natürlich. Am nächsten Tag schreibe ich mir auf, was sie dazu gesagt hat. Trotz allem Chaos inspirieren Details aus dem Leben meiner Töchter meine Gedanken. Die Hausaufgaben, die Klassenarbeiten, die Spielzeuge, die liebe und böse Freundin. Und wie du weißt, schreibe ich in meiner Muttersprache, deswegen möchte ich, dass die beiden das, was ich für sie schreibe, auch lesen und nicht nur anschauen können.
Liebe Grüße
Dima Sehwail
Übersetzung aus dem Arabischen: Sara Ehsan und Sibylla Vričić Hausmann mit Unterstützung von Google Translate.