30.000 Jahre – so lange ist es in etwa her, dass Menschen in der Chauvet-Höhle, gelegen in der Nähe einer französischen Kleinstadt im Flusstal der Ardèche, Höhlenmalereien und Ritzzeichnungen von Auerochsen, Pferden und Nashörnern hinterließen. Ich bin mit Werner Herzogs 2011 veröffentlichtem Film „Die Höhle der vergessenen Träume“ dort gewesen, etwas spät also – aber wenn wir von Zehntausenden von Jahren sprechen, ist das ja nur der Bruchteil eines Augenblicks. Und seitdem stelle ich mir die Frage, welches Thema man wohl bearbeiten und welches Medium man wohl verwenden müsste, um einer ähnlich fernen Zukunft etwas über uns zu erzählen. Immerhin konnte die Chauvet-Höhle nur derart gut erhalten aufgefunden werden, weil der ursprüngliche Eingang durch eine herabfallende Felswand abrupt verschlossen wurde – und ich wäre ungern dabei, wenn Erdrutsch meinen Laptop unter sich begräbt.
Natürlich stelle ich mir diese Fragen nur im Umfeld meiner eigenen Träume, denn tagsüber beschäftigen uns die Auswirkungen der wiederkehrenden Notbetreuungsansagen unserer Kita – und was könnte jemand ohne Systemrelevanz der Zukunft schon mitzuteilen haben? In der Pandemie hat sich das Ritual eingestellt, dass wir abends vor dem Sandmännchen eine Folge des YouTube-Kanals „Marble ASMR Healing“ schauen, auf dem jemand aus handelsüblichen DUPLO-Bausteinen Murmelbahnen errichtet. Die Kinder sind ganz verrückt danach – aber jedes Mal, wenn so ein Video läuft, fällt mein Blick auf die Kiste mit unseren eigenen DUPLO-Steinen, und ich frage mich, warum wir sie nicht einfach noch einmal hervorholen und unsere eigene Bahn errichten.
Natürlich ist es wenig sinnvoll zu spekulieren, was man der Zukunft hinterlassen sollte. Und doch – so habe ich es jedenfalls verstanden – markieren die Darstellungen in der Chauvet-Höhle in etwa jenen Zeitpunkt, als es dem Homo sapiens gelang, dem Neandertaler ein Schnippchen zu schlagen. Als die Vorfahren des modernen Menschen begannen, über Bilderfolgen miteinander zu kommunizieren.